Neujahrsempfang des Gewerbe- und Handelsvereins
bei Siemens am 14. Januar 2000

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Fotos: Ingo Dalcolmo
900 Jahre Degerloch:

Lothar Späth bei Auftaktveranstaltung des
Gewerbe- und Handelsvereins bei Siemens

Rund 250 Gäste waren auf Einladung des Gewerbe- und Handelsvereins zum Neujahrsempfang bei Siemens in Degerloch gekommen. Zu den zahlreichen Vertretern aus Politik und Wirtschaft zählten auch so prominente Gäste wie

Helmut Werner und seine Frau, früher Vorstand bei Mercedes-Benz, jetzt Chef der EXPO 2000. Festredner Lothar Späth, heute Vorstandsvorsitzender der Jenoptik AG, liess es sich dabei nicht nehmen, an die "alten Zeiten" anzuknüpfen.

Doch war seine Rede alles andere als ein Rückblick. Unter dem Thema: Welche Chancen hat der Mittelstand in den Zeiten der Globalisierung" hielt uns Späth zunächst einen Spiegel vor. Er verglich unser deutsches Gesellschaftssystem mit einem Zoo. Die Eltern der Zootiere wußten noch, was es bedeutet in der freien Wild-bahn zu leben. Sie wollten, dass es ihre Kinder besser haben - damit meinte Späth die Soziale Marktwirtschaft. Doch daraus hat sich im Laufe der Jahre ein Zoo entwickelt. Die Kinder werden heute von den Zoowärtern gefüttert, ihr Leben im Zoo ist wenig aufregend, die Möglichkeiten sind begrenzt, alles ist reglementiert und hat seine Ordnung - aber es gibt regelmäßig Futter. Die vielen Zoowärter erzählen, dies sei doch alles gut so und beschreiben die Wälder und Savannen als das Schlimmste, was man sich vorstellen kann. Doch es gibt Hoffnung. Nicht mehr alle Zootiere glauben das, sie sehnen sich wieder nach Freiheit und Abenteuer. Und die Wärter blicken mit Sorge, sehen sie doch ihre Position schwinden. Es braucht sicher nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen was und wer gemeint ist.

Nach Späth haben wir immer noch eine Wohlstandsgesellschaft, doch scheinen wir vergessen zu haben dass diese auf einer Leistungsgesellschaft basiert. Mittlerweile haben wir aber so viele Sozialaufwendungen, dass der Leistungswille stetig sinkt und damit auch die Wohlstandsgesellschaft in Gefahr ist. Wir müssen zukünftig die Fütterungen wirklich auf das Allernotwendigste beschränken, und wieder lernen, dass sich das wirkliche Leben auf der Welt in der freien Wildbahn abspielt. Nur der hat eine Chance, der diese Regel akzeptiert.

Was den Mittelstand und insbesondere das Gewerbe betrifft, so sieht Späth dessen Chance im Dienstleistungsbereich, denn im Gegensatz zur Produktion, die sich heute nicht mehr an Standorten orientiert, sondern nur daran, wo sie am günstigsten er-bracht werden kann, werden Dienstleistungen immer noch vor Ort gebraucht. Oder wie Späth es sagte: "Die Leute, die zum Frisör nach New York fliegen, sind selten".

Bevor Hans-Jörg Schleehauf, von der Siemens-Betriebsleitung in Degerloch, die Gäste zum Essen einlud, verwies er noch einmal auf die kurze aber wechselvolle Ge-schichte des Standorts Löffelstraße und darauf, dass sich für Stuttgart eigentlich nichts verändert hat. Heute sei die Löffelstraße ein kleiner Industriepark. Unter einem Dach befinden sich Siemens, Siemens Business Services, Fujitsu Siemens Computer, Wincor Nixdorf, daneben noch Alcatel, Roland Berger und Caterpillar.

GHV-Vorsitzender Rolf Reihle streifte in seiner Begrüßung kurz die wechselvolle Geschichte des Standorts Löffelstraße und bedankte sich bei dieser Gelegenheit bei derSiemens AG, die als einer der Hauptsponsoren diese 900-Jahre-Veranstaltung erst möglich machten. Untermalt wurde der Neujahrsempfang vom Posaunenchor Degerloch unter Leitung von Matthias Brändle.

Harald Bauer/Ingo Dalcolmo